Die gesetzlichen Grundlagen zu diesem Thema sind in den §§ 85 – 92 SGB IX nachzulesen.
Schwerbehinderte Personen haben einen speziellen Kündigungsschutz. Dieser soll Nachteile auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen und gleichzeitig zum Schutz dienen.
Das bedeutet aber nicht, dass einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht gekündigt werden kann.
Mit einer vorherigen Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes ist eine Kündigung weiterhin möglich. Dazu muss der Arbeitgeber beim Integrationsamt einen entsprechenden Antrag stellen.

Das Arbeitsverhältnis kann auch ohne Zustimmung beendet werden. Zum Beispiel durch einen einvernehmlicher Aufhebungsvertrag, eine Kündigung durch den schwerbehinderten Arbeitnehmer selbst oder aber nach Fristablauf bei einem befristeten Arbeitsverhältnis.

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist der schwerbehinderte Mitarbeiter in der Pflich sich innerhalb von 3 Wochen auf den besonderen Kündigungschutz zu berufen. (SGB IX)

Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden!
Die Mitwirkung des schwerbehinderten Arbeitnehmers bei allen Vorgängen ist in diesem Fall besonders wichtig!
Es müssen alle Termine wahrgenommen und alle relevanten Unterlagen zugefügt werden.

Gilt der Kündigungsschutz für alle Arten der Kündigung?

Ja, der Kündigungschutz gilt für alle Arten der Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten oder gleichgestellten Mitarbeiter.

Es gibt folgende Arten von Kündigungen:

  • ordentliche Kündigung mit Einhaltung der festgelegten Frist gemäß vertraglicher Grundlage. (Also Arbeitsvertrag, nach Gesetz oder Tarifvertrag)
  • außerordentliche Kündigung mit wichtigem Grund (fristlos oder sozial verträglich)
  • Änderungskündigung mit Vorschlag einer anderen Beschäftigung

Wem nützt der besondere Kündigungsschutz?

Der besondere Kündigungsschutz gilt für schwerbehinderte Personen

  • deren Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt und belegt ist. Das bedeutet, es muss mindestens ein GdB von 50 vorliegen
  • eine ganz offensichtliche Behinderung muss vorliegen wie z. B. die Amputation eines Beines
  • von der Arbeitsagentur gleichgestellt wurden

Weitere Möglichkeiten sind gegeben

  • wenn der Schwerbehindertenausweis abgelaufen ist, aber ein Bescheid über die unbefristete Schwerbehinderteneigenschaft vorliegt
  • auch ein weiterhin gültiger Bescheid wird als Nachweis anerkannt
  • sollte der Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft bereits 3 Wochen vor der Kündigung gestellt worden sein, aktiv mitgewirkt wurde und noch kein Bescheid ergangen sein, gilt auch der Umstand
  • wenn bereits 3 Wochen vor der Kündigung ein Gleichstellungsantrag gestellt wurde, noch kein Bescheid vorliegt aber eine Mitwirkung beim Antrag erfolgte
  • ein Antrag auf Schwerbehinderteneigenschaft gestellt und ein Ablehnungsbescheid erging, der nun im Widerspruchs- oder Klageverfahren ist
  • ein Verschlimmerungsantrag bei einem GdB 50 bereits 3 Wochen vor der Kündigung gestellt wurde, noch nicht entschieden wurde, aber der Antragsteller mitgewirkt hat
  • ein Verfahren im Widerspruch oder eine Klage auf einen höheren GdB bei vorliegendem GdB 50 anhängig ist und noch kein Bescheid oder Urteil darüber ergangen ist
  • wenn ein Antrag auf Gleichstellung bei der Arbeitsagentur gestellt und abgelehnt wurde und sich im Widerspruchsverfahren oder einer Klage befindet
  • bei einem vorliegenden GdB 30 oder 40 ein Verschlimmerungsantrag 3 Wochen vor der Kündigung eingereicht wurde und noch keine Entscheidung darüber vorliegt, der Antragsteller aber mitgewirkt hat
  • bei vorliegendem GdB 30 oder 40 ein Verschlimmerungsantrag abgelehnt wurde und nun im Widerspruchsverfahren oder im Klageverfahren ist

Welche Umstände können zum Wegfall des Kündigungsschutzes führen?

  • wenn keine Schwerbehinderteneigenschaft mehr besteht (Unter GdB 50)
  • wenn keine eindeutige Klärung darüber vorliegt und oder weil der

Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist

  • beim Ende einer zeitlichen Befristung
  • bei einer Herabstufung, die unter den erforderlichen GdB fällt
  • bei Ende der dreimonatigen Nachfrist und der Frist bis zur Rechtsgültigkeit des Bescheides

Fehlende Mitwirkung bei Anträgen wirkt sich immer schädlich aus und der Kündigungsschutz entfällt bei Anträgen 3 Wochen vor der Kündigung

  • bei noch ungeklärtem Sachstand
  • Verschlimmerungsantrag bei vorliegendem GdB 30 oder 40
  • wenn der Mitarbeiter noch keine 6 Monate im Betrieb beschäftigt war

Auflösung eines Arbeitsvertrages OHNE Zustimmung des Integrationsamtes.

Beendet der schwerbehinderte Mitarbeiter sein Arbeitsverhältnis selber, ist keine weitere Zustimmung erforderlich. Das betrifft die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch:

  • Aufhebungsvertrag
  • Kündigung des Arbeitnehmers

Unter welchen Umständen kann eine Kündigung berechtigt sein?

Der Antrag an das Integrationsamt zur Kündigung eines schwerbehinderten oder ihm gleichgestellten Arbeitnehmer muss mit trifftigen Gründen belegt werden. Dafür kommen folgende Möglichkeiten in betracht:

Bei einer betriebsbedingten Kündigung kann es folgende Gründe geben:

  • Stilllegung des Betriebes
  • Insolvenz des Betriebes
  • Wegfall des speziellen Arbeitsplatzes des schwerbehinderten Arbeitnehmers
  • wensetliche Einschränkungen im Betrieb selbst

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung hat der Mitarbeiter selbst die Ursache herbeigeführt wenn:

  • Störungen der geforderten Leistungen durch unentschuldigtes Fehlen oder absichtlich schlechter Ergebnisse.
  • Störung der Ordnung im Betrieb. Zum Beispiel durch Alkohol am Arbeitsplatz oder unentschuldbares Benehmen wie Beleidigung der Kollegen und Vorgesetzten.
  • Verletzung des Vertrauens durch Diebstahl und nicht erlaubtem Verhalten, aber auch bei Krankmeldung durch verspätete Vorlage und ohne ärztliche Bescheinigung.
  • Auch krankheitsbedingte Gründe wie häufige Fehlzeiten oder vergleichsweise viel weniger Leistungserbringung als andere Mitarbeiter, genauso wie aufgrund einer Fehleignung für den Arbeitsplatz aus fachlicher Sicht (fehlender Führerschein oder andere Zertifikate).

Wie läuft das Kündigungsschutzverfahren ab?

Die Beteiligung des Integrationsamtes durch Ablehnung oder Zustimmung zur Kündigung durch den Arbeitgeber ist ein aufwendiger Verwaltungsvorgang.

  • Antrag des Arbeitgebers bei Integrationsamt auf Zustimmung zur Kündigung, formlos, aber begründet und unter Einhaltung von 2 Wochen Frist. Diese beginnt mit dem Bekanntwerden des Anlasses der Kündigung
  • das Integrationsamt stellt den Vorgang zusammen, befragt alle Beteiligten einschließlich der Mitarbeitervertretung und die Schwerbehindertenvertretung
  • die Befragung kann schriftlich oder mündlich durchgeführt werden
  • der Mitarbeiter gibt Auskunft über sich und seine Behinderungen
  • eventuell sind auch die Fachdienste mit einzubeziehen
  • innerhalb von 2 Wochen ist die Entscheidung zu fällen
  • wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Zustimmung als gesetzlich fingiert und somit als erteilt

Handelt es sich um eine personenbedingte Kündigung oder um eine betriebsbedingte Kündigung, kann auch ein Beratungsdienst im Integrationsamt hinzugezogen werden. Dieser Dienst prüft dann die Möglichkeiten einer anderen Beschäftigung im Betrieb. Eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes auf die Behinderung des Mitarbeiters abgestimmt, wär z.B. eine Möglichkeit. Die Beteiligung von Ärzten bei der Prüfung der Fehlzeiten ist ebenfalls zugelassen um durch den ärztlichen Rat krankheitsbedingte Fehlzeiten zu reduzieren. Im gemeinsamen Vorgehen eine Lösung zu suchen und zu finden, ist hier das Ziel. Es finden Gespräche im  Arbeitsumfeld des Betroffenen statt, die vom Integrationsamt geleitet werden. Eine zufriedenstellende Einigung für alle Beteiligten ist hier Zielführend. Das Amt stellt dann schriftlich allen Beteiligten die Entscheidung zur Verfügung. Sobald der Arbeitgeber die schriftliche Entscheidung zur Zustimmung erhalten hat, kann die Kündigung schriftlich ausgesprochen werden. Bei einer außerordentlich ausgesprochenen Kündigung genügt auch eine Mitteilung auch per Fax.

Was geschieht wenn keine Einigung erzielt werden kann?

Wenn keine Einigung erreicht werden kann, hat das Integrationsamt die Entscheidungsgewalt. Dabei ist empfehlenswert die Hilfe eines Rechtsbeistandes in Anspruch zu nehmen. Diese sind auch bei der entsprechenden Gewerkschaft oder bei Vereinigungen/Verbänden für Behinderte zu finden.

Was tut die Schwerbehindertenvertretung?

Sofern eine solche Vertretung im Betrieb vorhanden ist, wird deren Standpunkt gewertet. Ansonsten sind vom Betriebsrat oder Personalrat Stellungnahmen dazu abzugeben. Die Meinungen dieser Gremien sind hilfreich für das Integrationsamt bei der Klärung des Sachstandes und für die Prüfung der Weiterbeschäftigungen. Diese im Betrieb arbeitenden Mitarbeiter verfügen über den notwendigen Überblick und sind dadurch eine Unterstützung für die Entscheidung beim Integrationsamt.

Kündigungsschutz schwerbehinderter Personen